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26. Juli 2008 6 26 /07 /Juli /2008 10:38
Ich liebe gute Pop- und Rockmusik aus früheren Jahrzehnten. Die ist wirklich cool! Definitiv uncool ist es, wenn deren Interpreten im Fernsehen als Pausenfüller zwischen den Werbeblöcken missbraucht werden. Musiker sind auch nur Menschen, und da gibt es diejenigen, die auch mit Siebzig noch gut aussehen und körperlich fitt sind und diejenigen, die mit Fünfzig wirken wie eine ausgewickelte Mumie aus dem Tal der Könige. Das ist der Lauf der Dinge und mir mit meinen 35 Jahren erklärt man ja auch immer wieder, dass ich mit meiner Seniorenkarte günstiger mit dem Zug reisen könnte.

Wofür ich kein Verständnis habe, ist, wenn einer dieser Geriatrie-Zombies seinen einzigen Hit, einen schon in den 60er Jahren ekelhaft schleimigen Schnulzheuler, nicht so vorträgt, wie es ihm geziemte – nämlich als peinliche Selbstdemontage – sondern ernsthaft versucht, den alten, geilen Teenie-Popper raushängen zu lassen und sein Gesicht, das eine einzige Bügelfalte ist, in die Kamera hält und dabei widerliche Posen schmeißt. Ihr wisst schon:
Bei jedem „you!“ den Zeigefinger drohend ins Publikum richten und die Bierwampe lasziv von links nach rechts schwappen lassen.
Ah, und natürlich gibt es nur zwei alternative Kleidungen: Rockerkluft und Glitzeranzüge. Zwar haben die in den 60er Jahren die wenigsten Interpreten getragen, aber das sind ja nur Kleinigkeiten.
Ebenso wie die stets peinlichen Moderationen, die immer mit: „Wenn ei wos e tschaild, dies wos mei fewa-ritt song!“ beginnen oder enden, woraufhin der Interpret den Moderator anlächelt und sich wahrscheinlich denkt: „Wenn er jetzt noch sagt, dass er mein Poster im Zimmer hängen hatte, frisst er das Mikrophon.“

Ehrlich: Suzi Quatro war vor 30 Jahren ein heißer Feger. Warum kann sie die schöne Erinnerung daran nicht einfach lassen wie sie ist? Warum quetscht sich so jemand in eine Wurstpelle, trägt fünfzehn Kilo Kajal und Rouge auf und tut so, als wäre seither kein Tag vergangen? Kinder sind ja putzig, wenn sie mit sieben die Stöckelschuhe ihrer Mutter anziehen und sich zu schminken versuchen. Siebzigjährige, die die Stöckelschuhe ihrer Altenpflegerin anziehen und sich zu schminken versuchen, sind nicht putzig, sondern peinlich.

Davon ausgenommen ist natürlich Jürgen Drews: Der war nie sexy, putzig oder gar ein guter Sänger und wirkt deshalb auch heute noch authentisch, wenn er als großkotziger, sexistischer Ballermann-Botschafter auf der Bühne herum hüpft, als hätte er sein Viagra mit Juckpulver verwechselt.
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Kommentare

P
Der Auftritt von Suzi Quattro hat mich wahrhaftig schockiert... Aber es war wie ein Autounfall: Total schrecklich, aber dennoch so faszinierend, dass man nicht wegschauen konnte.
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T
Ja, den Begriff kenne ich...tu ich auch immer schön, wenn ich Deutsche im Ausland beobachte...die lassen ihre Manieren ja auch daheim und den guten Geschmack eh....
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R
Hallo Tanja,<br /> kennst du den Begriff "fremdschämen"? So ergeht es mir, wenn ich ehemalige Stars aus früheren Jahrzehnten sehe, wie sie sich mit ihren 60 Jahren auf die Bühne quälen, meist übergewichtig, grell geschminkt ... und natürlich stets mit Musik vom Band, denn selber singen ist ja doof und uncool.<br /> Suzie Quatro war einfach extrem verstörend, als ich sie in den 90er Jahren bei irgendeiner Oldie-Show sah. Da lagen zwar nur etwa zwanzig Jahre zwischen ihrer Blütezeit und dem Auftritt, aber der Zahn der Zeit hatte an ihr dermaßen stark genagt, dass ich mir als Veranstalter einen Ausweis zur Kontrolle hätte zeigen lassen.<br /> Da lobe ich mir die Stones: Die sahen schon vor 40 Jahren verbraucht aus.
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T
Hallo Rainer,<br /> mit in würde altern und das Alter auch zu akzeptieren ist wohl nicht so leicht. Gerade bei ehemaligen Stars scheint es eher so zu sein, dass man mit Gewalt jung sein will...was dann raus kommt, dass dürfen wir dann eben im Fernsehen bewundern...mir bleibt es erspart, weil wenn die Kiste mal läuft, dann läuft Pippi Langstrumpf und Co...mancher Klassiker kommt nie aus der Mode.<br /> LG<br /> Tanja
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  • : Lexikon der bösen Gedanken
  • : In den letzten Jahren prasselten jede Menge Lexika auf uns ein. Manche mit ernstem Hintergrund (Gelderwerb der Autoren), andere sehr launig und nicht ganz ernst gemeint. Ausgerechnet das wichtigste Lexikon wurde uns bislang vorenthalten, nämlich jenes der bösen Gedanken, die wir nicht auszusprechen wagen. Dabei benötigten wir gerade ein solches Buch dringend, sehen wir uns doch täglich mit Situationen konfrontiert, die uns Contenance abverlangen, obwohl wir unseren Ärger nur zu gerne hinausschr
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