Wetterberichten per se liegt ohnehin eine gewisse Sinnlosigkeit inne: Um zu wissen, ob es in der unmittelbaren Umgebung regnet, muss man wenig mehr als einen Blick nach draußen wagen. Dieses System der Wettererkennung – „aha, es regnet und ist kühl, da zieh ich mir besser was über und nehme den Regenschirm mit“ - hat sich zwar über Jahrhunderte hinweg bewährt, gilt jedoch mittlerweile als überholt.
Keine Nachrichtensendung, die etwas auf sich hält, entlässt den von den ständig gleichen Kriegsbildern, Ölpreiserhöhungen und inhaltsleeren Politikerreden gelangweilten Zuschauer ohne einen fünfminütigen Wetterbericht. Dieser kleckert zumeist auch nicht, sondern schafft Fakten: In Schweden ist es meist schweinekalt, in Afrika warm, in London regnet es und wer in Ostrussland seine Ferien verbringen möchte, ist mit Badehose und Taucherausrüstung traditionell schlecht beraten. Wieso es unsere Ahnen vor 70 Jahren ausgerechnet in diesen Teil der Welt zog, statt, sagen wir, nach Hawaii, wird wohl ewig ein Rätsel bleiben. Hawaii wäre vermutlich auch einfacher zu erobern gewesen. Eine Million Handtücher mitgenommen, und die Strände wären besetzt gewesen, ohne einen einzigen Schuss abzufeuern.
Doch seit wenigen Jahren nerven uns die Wetterdienste mit der so genannten „gefühlten“ Temperatur. Wer bestimmt diese gefühlte Temperatur eigentlich? Wird da ein Praktikant im Winter nackt nach draußen geschickt: „Fühl mal die Temperatur“?
Zwangsläufig stellt sich die Frage: Was kommt wohl als Nächstes?
„Die SPD erhielt 30 Prozent der Stimmen, gefühlt 32 Prozent“?
Vielleicht liegt es einfach an der uns restlos überfordernden Technologisierung, die uns zu wenig Raum für Gefühle lässt. Ja, ein Thermometer ist unbestechlich, aber eben deshalb gebricht es ihm an Menschlichkeit. Menschlich ist, wenn der eine friert, während der andere auch noch das T-Shirt auszieht. Da tröstet es den Frierenden nicht, wenn das Thermometer Plusgrade anzeigt.
Man sollte sich jedoch davor hüten, Gefühle vom kulturellen oder gesellschaftlichen Kontext trennen zu wollen. Seit Jahren wird uns eingebläut, unsere Gesellschaft sei „kalt“. Egal, wie viele Sozialprojekte mit immer höheren Abgaben in ihre sinnentleerten Existenzen gerufen werden: Es sind immer zu wenige, um der Gesellschaft endlich die gefühlte „Wärme“ zu verleihen, die ständig eingefordert wird.
Eben jene Wärme haftet indes vielen muslimischen Menschen an, wenn deren gefühlte Toleranzgrenze mal wieder überschritten wurde. Was übrigens ständig der Fall ist. Für den aufrechten moslemischen Extremisten gilt bereits eine Frau, die ohne Kopftuch und männliche Begleitung einkaufen geht, als Beleidigung. Da wird nicht lange gefackelt: Im Handumdrehen brennt mal diese, mal jene Flagge.
So haben sich die Zeiten geändert: Früher wurden BHs verbrannt, heute Flaggen! Welcher Variante man den Vorzug gibt, ist natürlich Geschmackssache. Gerade unter jungen Männern scheint sich aber die BH-Variante durchzusetzen. Schließlich sind die meistens gefühlt geil …