Nachdem Deutschland erst kürzlich vorexerzierte, wie man sich bei Geiselnahmen zu See korrekt verhält, müssen wir uns nunmehr leider mit einem negativen Beispiel befassen, das hoffentlich nicht Schule schafft.
Nachdem sie rund 4 Monate lang von somalischen Piraten gefangengehalten wurden, überwältigten ägyptische Fischer ihre Geiselnehmer und töteten mindestens zwei von ihnen.
Bei dem Kampf vor der Küstenstadt Las Qorey seien mindestens zwei Geiselnehmer getötet worden, sagte der Mann, der seinen Namen mit Miraa angab. Über das Schicksal neun weiterer sei ihm nichts bekannt.
Wo bleiben die Lichterketten? Wo, die in die Kameras betroffen dreinblickenden GrünInnen? Warum gibt es noch kein Embargo gegen Ägypten? Wieso hat die UNO noch keine Krisensitzung einberufen? Und was ist mit Amnesty International, das für gewöhnlich Alarm schlägt, wenn sich in westlichen Gefängnissen Mörder über lauwarme Suppen beschweren?
Diesem abgrundtiefen, menschenverachtenden Zynismus möchte ich deshalb demonstrativ eine Absage erteilen. Wir müssen notleidenden Menschen wie somalischen Piraten helfen, denn ganz offensichtlich hatten sie schwierige Kindheiten und wurden zudem Opfer des grauenhaften Kapitalismus.
Deshalb nachfolgend ein paar ganz einfache Verhaltensregeln im Umgang mit Piraten:
1. Keine Gegenwehr leisten! Zwingen Sie bitte keinen unschuldigen Piraten, Ihnen Gewalt antun zu müssen - dies könnte sich bei einem etwaigen Asylantrag des Kapitalismus-Opfers als nachteilig erweisen.
2. Streichen Sie heraus, dass Sie aus einem reichen Land wie Deutschland stammen, dessen Regierung absolut jeden Lösegeld-Preis bezahlen wird. Bedenken Sie: Jeder zusätzliche Euro stellt Entwicklungshilfe dar und kommt hungernden afrikanischen Kindern zugute! Denn bekannterweise fließen Lösegelder augenblicklich in humanitäre Projekte.
3. Machen Sie unmissverständlich klar, dass Sie sich als weißer Europäer Ihrer historischen Schuld bewusst sind und alles Verständnis der Welt dafür haben, wenn Sie eventuell ein bisschen gefoltert werden sollten. Was ist das schon verglichen mit dem, was Sie jahrhundertelang den Afrikanern angetan haben?
Vielleicht grämt sich nun der eine oder andere Leser über den Mangel somalischer Piraten in Mitteleuropa. Seien Sie unbesorgt: In hiesigen Breiten muss man sich nicht einmal auf die Hohe See begeben, um seine Menschenfreundlichkeit und Entwicklungshilfe zu demonstrieren! Manche Kapitalismus-Opfer statten inzwischen sogar Hausbesuche ab.
Etwa in Oberösterreich, wo ein Pfarrer seiner christlichen Pflicht zur Nächstenliebe in ehrerbietender Weise nachkam:
Er wolle lediglich duschen und übernachten, richtete der Mann dem Pfarrer aus. Da er kein Deutsch sprach, unterhielten sich die beiden in englischer Sprache.
Nachdem der Mann geduscht hatte, bat er den Pfarrer um frische Kleidung. [...]
Plötzlich attackierte der Unbekannte den Pfarrer [...] Der Pfarrer wehrte sich heftig, zog aber schließlich seine Brieftasche aus der Hosentasche. Der Täter entriss sie ihm und steckte das Bargeld ein.
Natürlich könnte man kritisch anmerken, dass der Pfarrer sich wehrte, statt dem Hilfsbedürftigen den einen oder anderen Tipp zu geben, bei welchem Nachbarn sich ein Hausbesuch ebenfalls lohnen würde. Aber wir wollen beide Augen zudrücken und hoffen, dass sich viele Leser daran ein Beispiel nehmen!
Falls einmal ein verwahrloser Mann vor Ihrer Tür stehen sollte, bieten Sie ihm bitte augenblicklich eine warme Dusche und Ihr Bett an! Um dem Armen die Arbeit zu erleichtern, sollten Sie Ihr Bargeld auf dem Nachtkästchen ausbreiten. Besondere Freude können Sie ihm machen, wenn Sie ihm Ihre Frau als Einschlafhilfe anbieten.
Ich denke, soziale Wärme kann von uns allen verbreitet werden, wenn wir von unserem perversen Besitzstreben- und denken endlich abrücken und Solidarität zeigen.
Denn: Der heutige somalische Pirat oder afghanische Taliban-Kämpfer könnte schon morgen unser Nachbar sein, der uns freundlicherweise gestattet, ihm Sozialilfe zu bezahlen.