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6. August 2008 3 06 /08 /August /2008 09:46

Im Jahr 2005 war es endlich soweit: Ein Ruck sollte durch Deutschland gehen! Schluss mit all den tristen, deprimierenden Meldungen, mit denen jeder Deutsche tagtäglich konfrontiert wird. Positive Stimmung sollte angesagt sein! Und wer schon einmal versehentlich oder gar gezwungenermaßen in Deutschland zu Gast sein musste weiß: Kein Land auf dieser Erde benötigt mehr positive Stimmung als eben dieses.

Deshalb wurde die Initiative „Du bist Deutschland“ ins Leben gerufen – grundsätzlich höchst löblich, wäre nicht einiges schiefgelaufen. Findige Historiker fanden heraus, dass bereits 70 Jahre vorher ein ähnlicher Slogan von den Nazis instrumentalisiert worden war.
Im geschichtsbewussten Deutschland, das seine Vergangenheit seit Jahren mit Schecks, Mahnmalen und unablässigen Selbstanklagen aufarbeitet, ein schwerer Schock: Schon die Nazis hatten das Wort „Deutschland“ für ihre Propaganda benutzt!

Der eigentliche Fehler der Kampagne lag jedoch ganz woanders, nämlich in der Auswahl der Unterstützer. Gewiss: Sarah Connor, Patrick Lindner oder Olli Kahn stellten prominente Namen mit Zugkraft dar.
Aber repräsentieren Schnulzensänger oder Fußballer tatsächlich Deutschland? Welche positive Stimmung können schwerreiche Prominente auf den Durchschnittsbürger übertragen?
Das ganze Konzept war somit von vornherein zum Scheitern verurteilt.

Weitaus ehrlicher und sinnvoller wäre es gewesen, tatsächlich repräsentative Bevölkerungsschichten für Deutschland werben zu lassen. Etwa ein bierbäuchiger Sofaquäler mit einer Flasche Pils in der Hand.
Oder ein hirn-gepiercter Teenie: „Ey, Deutschland! Voll krass, ey! Checkste voll ab mit Schule und so Scheiß, ey!“

Und wenn schon prominente Gesichter, dann bitte ehrliche, wie Kader Loth: „Ich kann nix, außer mir selber toll zu finden, habe meine Lippen mit Bockwurst aufspritzen und meinen Kopf mit Helium füllen lassen, verdiene mir aber trotzdem dumm und tussig. Ich liebe diesen Land!“

Ganz zu schweigen von den kitschigen Hintergrundmelodien und typisch deutschen Landschaften. Was für ein Unsinn! Poppiger wäre Mallorca gewesen; Sangria-Partys, kotzende Leute, gruselige Schlagersänger und peinlich berührte Einheimische. Ja, das wäre das echte Deutschland gewesen!

Das i-Tüpfelchen auf dieser völlig vergurkten Kampagne waren die Slogans, etwa: „Ein Schmetterling kann einen Taifun auslösen.“
Hilfe! Tötet die Schmetterlinge, ehe Deutschland von Taifunen verwüstet wird!

Ganz im Sinne der üblichen Verschlimmbesserung wurde die Kampagne überarbeitet. Das neue Ziel: „Ziel der Neuauflage ist es, eine positivere Einstellung gegenüber Kindern in Deutschland zu vermitteln.“
Wow, toll, wie mutig aber auch! Das ist ja quasi eines der großen Tabuthemen in Deutschland, die schreckliche Kinderfeindlichkeit!
Aber ernsthaft: Wie erbärmlich ist das denn? Ich darf erneut zitieren: „die Menschen motivieren, sich verstärkt für Kinder zu engagieren“.
Ah, ja. Das ist schön unverbindlich und es kann sich auch keiner daran stoßen. Somit ist die neue Kampagne das Pendant zu ähnlich sinnvollen Aktionen gegen Krieg oder Hunger, in deren Rahmen sich Prominente vor die Kamera stellen und sagen: „Also, Krieg finde ich echt voll doof und überhaupt nicht gut!“

Trotzdem: So läuft das Spiel nun einmal. Ähnliches kennen wir ja aus der Politik. Ein Quereinsteiger, der etwa eine völlige Entrümpelung der Steuergesetze, Entbürokratisierung oder Subventionsabbau fordert und dies provokanterweise auch noch argumentativ untermauern kann, ist schneller von der Bildfläche verschwunden als ein HSV-Fan im Bayern-Block.
„Hm? Wer? Kirchhof? Nie gehört. Aber zurück zum eigentlichen Thema: Wir müssen mehr soziale Gerechtigkeit schaffen bla-sülz-hohle-phrasen-dresch.“

Hm. Solche Politiker sind also Deutschland?
Das arme Land …

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5. August 2008 2 05 /08 /August /2008 13:17

Preisfrage: Was ist das?

Klack-KLACK-Klack-Klack-KLACK-Klack …

Richtig: Ein Rudel Nordic Walker.

Um sich diesem Phänomen mit dem nötigen Ernst widmen zu können, muss man die geschichtlichen Hintergründe kennen.

 

Wie der Name bereits vage andeutet, liegen die Wurzeln des „Nordic Walking“ im Norden, genauer gesagt dem Hohen Norden. Bereits vor über tausend Jahren durchstreiften die Wikinger die eisigen Weiten Skandinaviens mit aus massivem Eichenholz gefertigten Stöcken, die an einem Ende scharf zugespitzt waren, um sich hungriger Wölfe oder brünftiger, schwuler Elche zu erwehren und …

 

Ne, eigentlich verlief die Entwicklung des „Nordic Walking“ weitaus unspektakulärer. 1997 wurden die ersten Stöcke auf einer Messe präsentiert.

Somit existiert „Nordic Walking“ erst seit etwas über einem Jahrzehnt.

Man kann sich eine Welt ohne Nordic Walker kaum noch vorstellen. Egal, wo man spazieren oder wandern geht, kommen einem seltsame Gestalten entgegen, die ihre Stöcke mehr oder weniger – meist mehr weniger – elegant hin und her schwingen.

 

Ganz begeistert von diesem „Trendsport“ zeigen sich vor allem selbsternannte Gesundheitsexperten. Das sind übrigens die gleichen Leute, die ebenfalls schwer begeistert sind von Vitaminpräparaten und die Frauen gerne „Magnesiummangel“ attestieren, der natürlich nur durch spezielle, sündteure Kapseln behoben werden könne.

 

Aber weil diese „Sportart“ höchst einfach betrieben werden kann und nicht besonders anstrengend ist, haben sich die Nordic Walker dafür entschieden, auch weiterhin uns gewöhnlichen Spaziergängern auf den Sack zu gehen. Denn schließlich sind doch die meisten mit Nordic Walking höchst zufrieden: Die „Sportler“ selbst, die Stock-Erzeuger, und natürlich die Ärzte, die endlich wieder eine Zunahme von Gelenksverletzungen und ausgestochenen Augen verzeichnen können.

 

Allerdings sollen die Opferzahlen bei Schnecken furchtbar sein – wo bleibt da der Tierschutz?

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3. August 2008 7 03 /08 /August /2008 17:56

Es gibt einen bestimmten Schlag Menschen, den ich nicht ausstehen kann. Wisst ihr, ich bin wirklich tolerant, würde niemals Witze über dicke Frauen oder ihre dünnen Männer machen, und die Frage in den Raum stellen, wie viele arme, dünne Kerle jedes Jahr im Bett von ihren dicken Lebensabschnittspartnerinnen plattgemacht werden.

Aber … nun ja, auch meine Toleranz hat Grenzen, und bei diesen ganz bestimmten Menschen ist die Grenze definitiv überschritten! Ich verabscheue ihre Lebenseinstellung, ihr ganzes Getue geht mir tierisch auf den Keks, und ihre dämlichen Pappschilder, mit denen sie für ihr Anderssein demonstrieren, treiben einem aufrechten Christen die Schamesröte ins Gesicht.

Vielleicht sollte ich mit meinem Therapeuten darüber sprechen, doch der redet nicht mehr mit mir, seit ich bei der Rückführung in die Kindheit seine Couch bepinkelt habe.

Was soll’s: Ich sage das jetzt einfach, auch wenn ich mir eine Menge Ärger damit einhandle.
Diese Menschen widern mich einfach an.
Diese … Schwulenhasser! So, jetzt ist es raus.
Stehen doof auf der Straße herum und halten Schilder hoch mit Sprüchen wie: „God hates Fags“. Gerne würde ich erfahren, wie die Schwulenhasser zu diesem erstaunlichen Kenntnisstand gelangten.

In der Bibel findet sich jedenfalls keine Stelle, in der unser aller Big Boss entsprechende Äußerungen von sich gab.
Auch im Falle von Marien-Erscheinungen wurde den Erleuchteten meines Wissens nach niemals etwas aufgetragen, wie: „Ach, übrigens, diese Schwulen machen Gott ganz krank.“

Um ganz sicher zu gehen, habe ich mir die Zehn Gebote noch einmal durchgelesen. Auch dort findet sich keine Aufforderung an Homosexuelle, entweder ans andere Ufer zu rudern oder ihr Ding gegebenenfalls in ein Astloch zu stecken.

Die Schwulenhasser haben ein ganz großes Problem: Es gibt kein einziges vernünftiges Argument, mit dem sie ihre Abscheu untermauern könnten. Es lassen sich viele gute Gründe gegen Krieg oder Folter finden.
Aber gegen Homosexualität?
Wie wir festgestellt haben, finden sich in der Bibel keine Stellen, die dezitiert gegen Schwule ausgelegt werden könnten. Wobei fraglich ist, ob eine Schrift, die Völkermord oder rituelle Menschenopfer in höchsten Tönen lobt, ernsthaft als moralisches Fundament einer Gesellschaft herangezogen werden sollte.

Gerne wird auch das Pseudo-Argument vorgebracht, Homosexualität sei „unnatürlich“. Ach? Wissen das schwule Pinguine oder Vögel?
Und im Übrigen: Was ist schon „natürlich“? Ich habe jedenfalls noch nie einen Hund beim Geschirrspülen gesehen – ist Geschirrspülen demnach „unnatürlich“?

Ach, Moment, ich vergaß: Unsere lieben Kleinen könnten beim Anblick zweier sich küssender Männer spontan schwul werden oder den Wunsch hegen, ihr Meerschweinchen zu pimpern. Anal, klar.

Nein, liebe Schwulenhasser, die Wahrheit ist, dass ihr kein einziges triftiges Argument habt, euren Hass lautstark zu artikulieren. Wisst ihr, es ist völlig okay, wenn ihr Homosexualität widerlich findet.
Es gibt eine Menge Dinge, die ich ebenfalls widerlich finde. Spargel zum Beispiel. Alleine die Form ist obszön, und dann sind diese Stangen auch noch länger als mein … egal, jedenfalls käme ich nie auf den Gedanken, mich mit anderen Spargel-Hassern darauf zu einigen, alle Spargelliebhaber zu perversen, sündigen Trotteln zu erklären.

Es tut mir leid für euch, liebe Mitglieder der Anti-Schwulen-Front, aber der Kampf ist längst verloren. In keinem westlichen Land werden Homosexuelle hingerichtet oder eingesperrt, wie es noch vor wenigen Jahrzehnten der Fall war.
Doch ein Wort des Trostes und der Hoffnung habe ich dennoch für euch übrig: Um euch mit Gleichgesinnten zu treffen, müsst ihr nur in den Iran reisen. Dort werden Schwule noch aufgeknüpft, und zwar auf Anweisung der Regierung.

Aber Vorsicht: Ein unkeuscher Blick, eine falsche Handbewegung oder ein „unangebrachtes“ Kleidungsstück könnten wiederum euch Ärger einhandeln. Oh, und habe ich erwähnt, dass Meinungsfreiheit im Iran ebenfalls nicht allzu gerne gesehen wird?
Ach, es ist doch ein Kreuz mit diesen dämlichen Freiheiten im Westen …

Speisekarten in ausländischen Lokalen:
Macht es euch Speisekarten-Schreibern eigentlich Spaß, Gerichten Namen zu geben, die 99% der Bevölkerung unseres Landes nicht einmal dann aussprechen könnte, wenn man ihnen die Vorderzähne einschlüge? Ha, das muss ja echt ein Heidenspaß für die Kellner sein, wenn sie die Bestellung aufnehmen und der Gast mit hochrotem Kopf stammelt: „Meine Begleiterin hätte gern ein Ka …ko-chi … ki …ko“
Ha, da haben wir aber gelacht, wie? Und weil wir gerade dabei sind: Könntet ihr vielleicht damit aufhören, Schriftarten zu verwenden, die höchstens Ägyptologen entziffern können? Ansonsten sehe ich mich nämlich gezwungen, bei der nächsten Rechnung tatsächlich mal nachzurechnen, ob der Endbetrag stimmt. Ich kann das sogar ganz langsam mit den Fingern rechnen, wenn euch das nicht nervig genug ist!

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  • : Lexikon der bösen Gedanken
  • : In den letzten Jahren prasselten jede Menge Lexika auf uns ein. Manche mit ernstem Hintergrund (Gelderwerb der Autoren), andere sehr launig und nicht ganz ernst gemeint. Ausgerechnet das wichtigste Lexikon wurde uns bislang vorenthalten, nämlich jenes der bösen Gedanken, die wir nicht auszusprechen wagen. Dabei benötigten wir gerade ein solches Buch dringend, sehen wir uns doch täglich mit Situationen konfrontiert, die uns Contenance abverlangen, obwohl wir unseren Ärger nur zu gerne hinausschr
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